Sunchaser – oder von einem der auszog die Sonne zu finden!

16.6.16

Start mit 40’528km nachmittags 15:00h bei Regen. Fahrt über Neuchâtel, Pontarlier nach Chalon s-Saône. Ein Riesengewitter entlud sich in Pontarlier mit Starkregen und Hagel während des Staus in der Stadt. Nervig, aber Leo hat das alles problemlos weggesteckt. Sogar die Scheibenwischerchen haben nicht schlapp gemacht und drinnen bliebs sogar einigermaßen trocken!

Danach wurde das Wetter besser und die Fahrt ging weiter. Immer mal wieder wurde der Sonnenschein durch starken Regen abgelöst. Die Fahrerei war recht anspruchsvoll durch diesen ständigen Wechsel und die Abendsonne in der Windschutzscheibe. Ich wurde aber durch einen dramatischen Himmel mit sich jagenden Wolken und goldenen Sonnenstrahlen mehr als entschädigt.

In Chalon s-Saône versuchte ich zum dritten Mal in diesem Uralthotel direkt an der Saône zu übernachten. Der Eingang war natürlich wieder verschlossen, allerdings sollte er um 20:00h geöffnet werden. Ich bin also ins Restaurant nebenan und habe für €10.90 einen Dreigänger gegessen. Eingangs Linsen- mit Rüeblisalat, danach Sole auf Reis mit Moules und als Nachtisch eine Portion Crème fraîche. Dazu war 1/4 Rotwein im Preis eingeschlossen. Es hat vorzüglich gemundet.

Mittlerweilen war es halb neun und das Hotel immer noch zu. Ich schaffe das wohl in diesem Leben nicht mehr 🙁 Mich würde schlicht interessieren, ob das Hotel wirklich so schlecht ist wie es von aussen aussieht. Ich also weiter auf dieser Weinstrasse Richtung Cluny. Es wurde nun langsam dunkel. Nach mehreren Fehlschläge fand ich schliesslich in St. Boil ein Hotel zu €85.00 die Nacht. Weinliebhaber sind offenbar betuchte Geniesser. Günstig ist anders, ich weiss, aber der Chef war sehr nett und ich wollte eigentlich nur noch schlafen. Campieren war mir zu heikel, weil es wieder nach weiteren Niederschlägen aussah. So machte ich also diese Nacht einen auf französischen Comte. An dieser Stelle sei verraten: es schläft sich gut in diesen Schlösschen 🙂

 

17.6.16

Heute über Montceau-les-Mines, Bourbon-Lancy, Moulins, Cosne d’Allier, Montluçon, Gouzon nach Bourganeuf. Das ist ca. 50km vor Limoges. Ein kleines Städtchen wo ca. die Hälfte der Häuser leerstehen. Auch das ehemalige Gerichtsgebäude. Und so sieht es vielerorts in Frankreich aus. Vieles verfällt, wird nicht mehr gepflegt. Die Immobilienpreise sagen viel darüber aus. Und ich denke mir mal, dass vieles gar nicht mehr ausgeschrieben ist. Deprimierend, nicht nur für M. Hollande.

Daneben nicht viel neues aus dem Westen. Ein wolkenbruchartiger Regenfall, 3x hab ich mich verfahren und herrlich gespiesen obendrein. Heute wars ein Viergänger zu €16.00 inkl. Wein, serviert in meinem Hotel Les 3 Chevaliers. Das ist dann die andere, erfreuliche Seite der miesen Wirtschaftslage. Für mich!

Mit dem Verfahren wars auch nicht so dramatisch. Ich lasse mich manchmal einfach ziemlich ziellos treiben, einfach in Etwa der Sonne nach. Wenn Sie denn scheint! Sonst fahr ich halt Dem Regen davon. Irgendwann kommt schon wieder eine größere Strasse, welche auf der Karte vermerkt ist. So machst du zwar keine Kilometer, aber du bist wirklich ganz und gar bei den Leuten. Und findest auch mal eine verwunschene Strasse. Oder ein geheimnisvolles Portal. Und solche Erfahrungen machen ja eine tolle Reise aus!

 

18.6.16

Heute gab’s nichts Spezielles. Ich fuhr über Limoges, Périgueux, Bergerac, Marmande und Langon nach Sanguinet. Dazu gab’s immer wieder Regen, das Fahren war zum Teil eher mühselig. Aber ab morgen soll es nun offenbar wirklich besseres Wetter geben.

Ich habe hier in Sanguinet ein schönes Chambre d’hôtes gefunden. Der Vermieter will mich unbedingt für 3 Tage da behalten und hat mir schon einen entsprechenden Preisnachlass vorgeschlagen. Das Zimmer wäre dann nur noch €55.00 die Nacht. Ein guter Preis so nahe der Küste!

Ich bin nach dem Einchecken noch Souvenirs von früher auffrischen gegangen, d. h. ich habe die Düne von Pyla bestiegen. Habe da mal 2 Wochen lang campiert. Allerdings fand ich die Düne erst fast gar nicht in all dem Siedlungsbrei, den die Franzosen darum herum geklotzt haben. Grauslich. Nach der Bergtour habe ich im wohl einzigen Restaurant am Strand Muscheln gegessen. Sonst hats nur Campingplätze. Das Restaurant ist wohl ziemlich angesagt, es speiste jedenfalls da das halbe JetSet von Arcachon und die andere Hälfte, die trotz aller Mühe noch nicht so ganz dazugehört. Die Muscheln waren gut, die Franzosen, Bedienung wie Gäste, aber wieder oberborniert und unangenehm. Die Muscheln waren natürlich auch sauteuer. Es ist immer das gleiche Elend an den Küsten. Grauslich hoch zwei. Ich denke, ich kann deswegen nicht auf das Angebot meines Vermieters eingehen. Ich verziehe mich lieber wieder ins Landesinnere oder direkt nach Gruissan. Da weiss ich wenigstens wie der Hase läuft. Und Gruissan ist ja, nach französischem Verständnis, eine kleine und bescheidene Station. Also so wie ich das halt gerne habe!

 

19.6.16

Heute gings erst südlich durch das ganze Dép. Landes bis Bayonne. Alles so nahe der Küste wie möglich. An den Strand fahren bringt hier allerdings nichts, die Franzosen verbauen jeden noch so schönen Ort mit ihren hässlichen Siedlungen etc. Ans Meer kannst du prakisch nirgends ohne Probleme. Und es gibt keinen eigentlichen Küstenstrassen. Meist sind es Stichstrassen zu einem dieser Badeorte. Das ist schade.

Zum Dép. Landes gibt’s eigentlich nichts zu sagen ausser dass es da buchstäblich nur Wald gibt. Wald, Wald und nochmals Wald. Nicht grad so wie in Kanada aber beinahe. Und riesige Treibhäuser. Daneben gibt’s noch Geraden. Und zwar dominieren die das Strassenbild so stark, dass jede einzelne Kurve signalisiert ist. Dann geht’s wieder 3 Kilometer geradeaus!

dsc_0058_1

Nach Bayonne bin ich östlich über Pau nach Lourdes. Kurz vor Lourdes konnte ich erstmals mein Zelt aufstellen. Ein hübscher, kleiner Campingplatz den ich fast für mich alleine habe. Hatte einen kleinen Quatsch mit dem Chef nachdem er mich begrüßte mit: Il n’y a pas de meilleure voiture que la Deuche! Danach gings um Gott, Hollande und die Welt. Und früher war sowieso alles besser. Und überhaupt. Ähem, der Mann ist 85 und fit wie Anton. Vorallem mit dem Mundwerk. Kein bisselchen von Alzheimer oder Altersmilde. Dafür immer und regelmäßig einen Schluck Roten! Und Bergtouren in den Pyrenäen. Hat er mir mehrmals ans Herz gelegt!

Es hat nun endlich aufgehört zu regnen und die Prognosen für die kommenden Tage sind gar nicht mal so schlecht. Da kommt doch richtig gute Laune auf. Morgen gehe ich die Heiligtümer von Lourdes besichtigen, danach geht’s weiter nach Montségur ins Pays des Cathares.

 

20.6.16

Bin nun also auf dem Camping von Lavelanet, das ist am Fusse von Montségur an der D117 zwischen Foix und Perpignan. Morgen will ich diese letzten Rückzugsort der Katharer, oder Albigenser, oder ‚der guten Christen‘ besichtigen. Danach fahre ich wohl weiter nach Gruissan und beziehe da den Campingplatz für 2-3 Tage. Habe im Moment ein bisschen die Nase voll von der Fahrerei. Die 150km von Lourdes nach Foix kamen mir endlos vor. In Gruissan freue ich mich auf einen Ruhetag und einen oder 2 Tagesausflüge zu weiteren Gemäuern der Katharer und der Templer. Ab Freitag geht’s dann entspannt Richtung Schweiz. Ich rechne mit meiner Ankunft in Bern am Samstagabend oder im Verlauf des Sonntags.

Heute habe ich das erste Mal kurze Hosen und Sandalen gesetzt. Das Wetter ist schön und warm und soll es offenbar auch bleiben. Für Gruissan versprechen sie 30 Grad diese Woche. Da muss ich mich wohl um einen Schattenplatz auf dem Camping bemühen. Das mach ich doch gerne!

Lourdes war aufs Neue eine Erfahrung für sich. Eine zweigeteilte. Einerseits all die kranken, gläubigen Menschen, welche auf eine Heilung durch die heilige Bernadette vertrauen. Sie kommen zu Tausenden aus der ganzen Welt. Dieser absolute und diskussionslose Glauben in Gott lässt mich ganz still werden. Soviel unbedingtes Vertrauen, Hilfsbereitschaft und Demut wie diese Leute an den Tag legen, diese Haltung wäre so gut für unsere hedonistische Gesellschaft.

Auf der andern Seite ist da dieser maßlose Kommerz, die hemmungslose Vermarktung der Idee Bernadette an die vielen, meist geistig sehr einfachen, eben gutgläubigen Gläubigen. Da kennt die katholische Kirche nun wirklich keine Hemmungen. Und die Händler schon gar nicht. Mir scheint, trotz der Reformation hat sich seit dem Ablasshandel diesbezüglich nicht sehr viel getan. Das wiederum stößt ab. Zurück bleibt ein ambivalentes Gefühl zwischen Staunen und sich abgestoßen fühlen. Zum Glück überwiegt das Staunen.

 

21.6.16

Nun bin ich an meiner finalen Destination, in Gruissan, und endlich auch im Sommer angekommen. Gruissan liegt vor Narbonne am Mittelmeer. Es ist der Ort, an den ich immer wieder zurückkehre. Ich fühle mich hier einfach wohl. Und Sommer ist die Zeit der lauen Abende, der singenden Grillen und der langen, faulen Siestas am Mittag. Sommer beginnt für mich bei 30 Grad und findet in der Schweiz nur sporadisch statt. Dafür sind wir sehr produktiv und haben europaweit die höchste Selbstmordrate. Ist doch auch was!

Aber nun der Reihe nach. Heute habe ich erst Montségur besichtigt. Zuerst den Pass hoch und danach gab’s noch einen knackigen Anstieg zu Fuss. 700m mit 170m Höhendifferenz bei fast 30 Grad. Die Anstrengung wurde aber durch ein eindrucksvolles Panorama honoriert. Was ich allerdings nicht ganz nachvollziehen konnte, war der Eintrittspreis von €5.50 für das alte Gemäuer. Da steht nun ausser den Grundmauern gar nichts mehr. Aber eben, es ist halt ein französisches Nationaldenkmal und die haben ihren Preis. Punkt. C’est la Grande Nation!

Danach gings weiter zum Château de Puilaurens, auch das ein Rückzugsort der Katharer. Hier habe ich mir den Aufstieg und den Eintritt aber erspart. Aus Schaden wird man klug und die Lage der Burg war auch nicht im entferntesten so spektakulär wie Montségur.

Weil gerade in der Nähe, habe ich danach den Umweg über Bugarach genommen. Bugarach kommt grad nach den absolut sehenswerten, spektakulären Gorges de Galamus. So eine tiefe Schlucht, so eine waghalsig angeklebte Strasse sieht man nicht alle Tage. Für Camper und Wohnwagen ist die Strasse gesperrt und man begreift sehr schnell wieso.

Aber zurück zu Bugarach. Man erinnert sich, dort sollte letztes Jahr die Welt untergehen. Oder die Außerirdischen auf dem Berg Pech de Bugarach landen. Oder die Auserwählten sollten da starten. Ich weiss es nicht mehr genau. Der Berg überragt ein sanftes Plateau. Diese Hautes Pays de la Vallée de l’Aude sind landschaftlich zum Niederknien schön. Sonnendurchflutete, grüne Hochebenen, gesäumt von sanften Bergen. Die Fahrt geht weiter. Die Milchwirtschaft geht immer stärker in den Weinanbau über, je näher man Narbonne kommt. Die Landschaft wird flacher und trockener, gelb ersetzt grün und die Felsen haben jetzt ihre charakteristische, rote Farbe. Die Stadt Narbonne ist nicht umwerfend, einzig die Kathedrale und die Quais des Canal du Midi sind meines Erachtens sehenswert. Die Stadt traversiert, die Autobahn gekreuzt, die sanfte Anhöhe der Clape erklommen kommt bald einmal Gruissan in Sicht.

Mein Herz macht einen Sprung. Ich bin wieder einmal zuhause!

 

22.6.16

Heute gab’s einen ruhigen Tag. Ich habe mein trusted kleines Brompton Bike ausgepackt und damit Memories in und um Gruissan aufgefrischt. Das perfekte Verkehrsmittel für sowas.

Trotz oder vielleicht gerade wegen des nebligen Wetters war der Tag sehr angenehm. Feucht und warm ohne die stechende Hitze direkter Sonneneinstrahlung. Ich liebe dieses Klima. Und meine Körper auch. Ich habe wieder diese Locken und meine Nase ist endlich wieder frei!

 

23.6.16

Wie schon mehrmals angedroht, bin ich nun heute wirklich diese Burgen besichtigen gegangen. Zeitig aufgestanden heute morgen (ab 8:00h ists zu heiss im Zelt), Morgentoilette und danach ein schöner English Breakfast Tee. Zelt zugesperrt, Leo reisefertig gemacht und dann nichts wie weg. Um von Gruissan ins Landesinnere zu gelangen, steht erst immer die Querung von Narbonne an. Ist nicht eine so grosse Stadt, aber man kennt ja die Fahrweise der Franzosen und dann haben sie hier auch eine so perfide Vorfahrtsregelung: Du fährst vergnügt und zügig auf der grossen Ausfallachse und von rechts mündet eine klitzekleine Quartierstrasse ein. Sofort BREMSEN, die Quartierstrasse hat nämlich Vortritt, weil von rechts. Und die Franzosen nehmen sich diesen Vortritt auch, garantiert. Sonst gibt’s unschöne Hupkonzerte, im besten Fall.

Solcherarts geweckt tauche ich nach der Stadt wieder ein in die Landschaft des Dép. Aude. Kleine, ruhige Strassen führen mich zu meinem ersten Ziel, dem Château Aguilar. Leo freut sich über die Fahrt, welche doch eine gute Stunde dauert. Eine Kurve nach der andern, kleine Strassen und diese typischen französischen Städtchen mit den schmalen Gassen. Dazu der Duft der Garrigue und die Sonne im Gesicht. Was will der Mensch und Leo mehr?!

Ich beschließe, diese Burg nicht im Detail, d.h. zu Fuss zu erkunden. Dazu schaut sie mir zu baufällig aus und es ist auch nicht eine der klassischen Katharerburgen, eher eine ehemalige Grenzfeste zwischen den Königreichen Frankreich und Aragon. Es ist auch sehr still und einsam hier, ich bin praktisch alleine. Das macht solchen Durchschnittstouris wie mir fast schon ein wenig Angst. Man hat halt gerne ein bisschen Betrieb, gell. Und so eine Besichtigung heisst auch immer €6.50 Eintritt und min. 15 Minuten Fussmarsch steil bergauf bei mittlerweilen schon 30 Grad. Schatten ist nicht und merke: Burgen und Kirchen stehen immer und grundsätzlich ganz oben auf dem Berg. Näher, mein Gott, zu dir und für die Grafen gilt das auch!

Nun, so fahre ich denn weiter zu einem der Schwergewichte, dem Château Peyrepertuse. Da ists dann wieder wie gewohnt. d.h. Reisegesellschaften in Bussen, französische Mamis und Papis, welche sich die Wanderschuhe schnüren und schon jetzt hochrote Köpfe haben und all diese kleinen Hunde. Igitt. Asiatischen Reisegesellschaften allerdings, und das finde ich bemerkenswert, bin ich auf der ganzen Reise eigentlich nie begegnet. Die Burg ist eine riesige Anlage und scheint praktisch aus den Felsen herauszuwachsen. Absolut sehenswert. Am Horizont in der Ferne grüsst auch schon mein letztes Ziel für heute, das Château Quéribus.

Auf der anschliessenden Fahrt dorthin kaufe ich im kleinen Ort Cucugnan für meinen Schwiegersohn in Spe eine Geschenkpackung Honig von der Mielleuse des Deux Châteaux. Er ist begeisterter Imker. Und mir kaufe ich auch ein Glas. Was wird der Honig schmecken mit all den Kräutern und Blüten der Garrigue! Ein Energiespeicher für kommende, nasskalte Tage in der Schweiz. Mir ist übrigens nun auch absolut klar, wieso ich den Wein aus dem Languedoc dem Burgunder, Côtes du Rhônes und Bordeaux immer vorgezogen habe. Man vergleiche nur mal die riesigen, uniformen Anbaugebiete dieser Grand Crues mit den kleinen, individuellen Rebhängen einer Corbières, la Clape, Limoux, Minervois, Fitou und wie sie alle heißen. Immer wieder unterbrochen durch die Garrigue, Wäldchen und Felsen. Das gibt Charakter, Geschmeidigkeit und Eleganz in die Weine. Die Aude ist sicher nicht grundlos das älteste Weinanbaugebiet Frankreichs. Aber lange, viel zu lange hat sie sich hinter den grossen Namen Frankreichs und des nahen Spaniens versteckt.

Und hier steht nun Quéribus. Brutal, gewaltig, ein Monolith, der dominant in des Blau des Himmels wächst. Daran führt kein Weg vorbei, das ist die ultimative Feste.

Nach gefühlten 1000 schweisstreibenden Tritten Richtung Sonne stehst du oben auf den Zinnen und überblickst den halben Erdenrund. Und du weißt, du stehst hier am richtigen Ort. Es ist der einzige Ort. Du wolltest immer schon hier stehen, hier atmen, hier sein. Es gibt keinen anderen Platz als diesen Donjon. Quéribus ist um dich, unter dir, es ist in dir. Quéribus war schon immer da, es hat immer auf dich gewartet. Quéribus ist dieses Sehnen, welches du immer verspürt, aber niemals artikulieren konntest. Das ist nun vorbei, du weißt, du bist. Endlich. Immaculate. Du fühlst dich dem Adler nahe, welcher über dir ruhig seine Kreise zieht. So soll es sein, so war es immer und wird es immer bleiben. Die alten, wahren, einzigen Werte, nur sie zählen. Schweiss, Schmerzen, Felsen, Sonne, Horizont und der unendliche Himmel. Nur ein kurzer Aufenthalt im Jammerthal und über dir wartet das wirkliche, wahre Leben. Das bist du, ein Katharer halt!

 

24.6.16

Nachdem ich den ganzen Tag bei 35 Grad wie eine halbtote Fliege herumgelegen bin, beschließe ich, den Start für die Heimfahrt auf den Abend vorzuverlegen. Auf dem Campingplatz gibt’s nämlich nur sehr spärlich Schatten und im Zelt ist definitiv nicht bei diesen Hitzegraden. Und für morgen sind ähnliche Temperaturen und ausserdem noch Gewitter angesagt. Definitiv kein Wetter, bei dem man Leo mit einer Fernfahrt bemühen sollte. Vom Fahrer ganz zu schweigen.

So baue ich denn abends mein Zelt ab und dusche nochmals, um mich abzukühlen. Zuvor habe ich im Ort noch Wein und Salz eingekauft, beides wunderbare Erzeugnisse aus der Aude. Ich beschließe vor dem Start noch was essen. Dazu ist es aber um 18 Uhr noch viel zu früh. So gibt’s erst noch einen kleinen Aperitif im Zentrum von Gruissan. Und danach habe ich wirklich Glück. Ich finde ein spanisches Restaurant, einen Familienbetrieb, visuell wirkt er eher billig und unscheinbar. Aber die Bedienung ist aufmerksam, die Preise gnädig, die Küche hervorragend und ich werde um halb sieben bedient! Und wirklich bemerkenswert – ich habe an der Küste schon lange nicht mehr so gut gegessen! Man verwöhnt mich mit einem hervorragenden Tomatensalat. Tomaten in verschiedensten Farben und Sorten sind angerichtet mit diesen wunderbaren Zwiebeln des Südens. Danach gibt’s Muscheln á l’Espagnole. Die Sauce mit Lauch, Tomaten und Chorizo-Wurstscheiben ist delikat und die Frites à l’ancienne ein Gedicht.

Solcherart gestärkt verlasse ich Gruissan Richtung Heimat. Der Start ist um 19:30h mit 42’700km. Es ist immer noch 26 Grad warm, sonnig und hell. Ich wähle den kürzesten Weg, auch wenn das viel Autobahn bedeutet. Ich fahre erst nach Béziers, danach auf der neuen A75 bis über Millau hinaus. Nun beginnt es einzudunkeln und Wetterleuchten am Horizont kündigen Gewitter an. Vielleicht also nicht die weiseste Entscheidung, hier die Autobahn zu verlassen. Vorallem weil den Franzosen offenbar das Abblendlicht unbekannt ist. Ich tue es gleichwohl und nehme über Mendes bis Le Puy en Velay die Nationale. Dort zwingt mich ein Wolkenbruch zu einer Unterbrechung bis zum Morgengrauen. Um 4 Uhr geht’s weiter durch viele, lästige Nebelbänke! bis St. Etienne. Hier wähle ich erneut die Autobahn, umfahre Lyon und fahre weiter über Nantua nach Genf und schliesslich Bern. Ich erreiche mein Zuhause am 25.6.16 um 11:30h mit 43’483km auf dem Tacho. Also totalisert die Rückfahrt mit 783km und die Reise mit insgesamt knapp 3’000km.

Diese Route bietet einzigartige Landschaften mit angenehm wenig Verkehr. Die Geografie kommt natürlich auf meiner Nachtfahrt nur begrenzt zur Geltung, ich kenne sie aber von früheren Fahrten. Der günstige Preis aber ist nicht abhängig von der Tageszeit. Ich bezahle einzig für das kurze Stück von Narbonne nach Béziers, den ‚Brückenzoll‘ von Millau und schliesslich noch die Strecke von Lyon nach Genf. Insgesamt €28.00. Die Autoroute du Soleil durchs Rohnetal ist da wesentlich teurer.

Leo war mir auf der ganzen Tour ein treuer und anspruchsloser Begleiter. Er lärmte zwar zunehmend herum und ich werde wohl einige Stunden damit verbringen müssen, all die losen Schrauben erstmal zu finden und dann festzuziehen. Und die Ventile einzustellen. Und all die Mücken von seinem windschlüpfrigen Gesicht zu wischen. Aber grundsätzlich sprang er immer souverän an, verbrauchte und verlor kein Oel und drehte obeuse das es eine Freude ist! Und hat so manche Augenbrauen, Mundwinkel und Franzosendaumen nach oben gezwungen. Ein Sympathieträger erster Güte. Aber das wisst ihr ja alle viel besser als ich 🙂